Sonntag, 1. September 2019

Die Teamplayerin

Trudy Hennig geht als erste Ortsbürgermeisterin in die Geschichte Dalheims ein


Freut sich auf ihren neuen Job im Rathaus: Trudy Hennig übernimmt demnächst die Amtsgeschäfte. Foto: hbz/Michael Bahr
von Kirsten Strasser

DALHEIM - In ihrem Pass steht „Gertrude“. Doch gemeinhin kennt man sie im Ort als Trudy – Trudy Hennig. In Dalheim kommt sie viel herum, auch, weil sie für eine Apotheke regelmäßig Medikamente ausfährt. „Das war eigentlich mal der Schülerjob meines Sohnes“, lacht die 52-Jährige. Als der keine Lust mehr hatte, machte Mama Trudy weiter – auch nicht zuletzt deshalb, weil sie weiß, wie wichtig dieser Dienst gerade für ältere Dalheimer ist, die nicht mobil sind. Und sie freut sich über die vielen Kontakte, die sie durch den kleinen Job hat. „Die Leute erzählen mir so ganz nebenbei, wo der Schuh drückt.“ Die neue Ortsbürgermeisterin ist also nah dran an den Dalheimern und ihren Wünschen und Sorgen.

Am kommenden Montag wird Trudy Hennig in ihr neues Amt eingeführt, in der Kommunalpolitik ist sie allerdings längst ein bekanntes Gesicht. Seit seiner Gründung ist die 52-jährige Vorsitzende des Vereins „Bürger für Dalheim“, seit 2014 sitzt sie als Fraktionssprecherin der BfD im Gemeinderat. Der Gedanke, Ortsbürgermeisterin zu werden, reifte bereits lange in ihr. „Als Willhard Leib 2015 bekannt gegeben hat, dass er 2019 nicht mehr antreten wolle, dachte ich mir: Das wäre was für mich.“

Sie traut sich das anspruchsvolle Ehrenamt zu – „obwohl ich große Hochachtung davor habe. Ich ziehe meinen Hut davor, was meine Vorgänger in früheren Amtsperioden geleistet haben.“ Trudy Hennig setzt auf gute Zusammenarbeit mit dem neuen Gemeinderat und den künftigen drei Beigeordneten. „Ich bin eine Teamplayerin.“ Doch wer es mit der 52-jährigen Mutter zweier Söhne zu tun bekommt, sollte wissen: Untätigkeit und Bequemlichkeit kann sie nicht leiden. „Ich muss immer was tun.“ Jetzt will sie ihren Heimatort, in dem sie seit 23 Jahren lebt, voranbringen.
Im Großen wie im Kleinen. Das „Große“, das wäre beispielsweise die Infrastruktur. Dass es in Dalheim keinerlei Einkaufsmöglichkeiten gibt, treibt Trudy Hennig um. In der regionalen Raumordnungsplanung sei Dalheim als „bestens grundversorgt“ dargestellt, ärgert sich die designierte Ortschefin: „Weil wir so nahe an Oppenheim liegen.“ Für eine Seniorin ohne Auto seien die Märkte jedoch trotzdem praktisch unerreichbar. Trudy Hennig könnte sich vorstellen, dass ein Dorfladen in Dalheim funktionieren könnte – mit entsprechendem bürgerschaftlichen Engagement. „Unser Dorf gibt es seit über 1250 Jahren – wir haben absolut eine Daseinsberechtigung.“ Eine Chance sieht Trudy Hennig im Wachstum – einem Neubaugebiet steht sie positiv gegenüber.
Dalheim muss Schulden abbauen, das ist Trudy Hennig klar. „Aber wir dürfen uns nicht totsparen.“ Den Seniorennachmittag wird sie beibehalten, Menschen, die sich ehrenamtlich betätigen, will sie stärker würdigen. „Was wäre ein Dorf ohne solche Engagierten?“ Sie kann sich gut vorstellen, einen Neujahrsempfang zu Ehren der Ehrenamtlichen ins Leben zu rufen.

Auf kommunalpolitischer Ebene will Trudy Hennig Ausschüsse für die Kita und den Friedhof installieren. „Das soll ein Signal sein, welch hohe Bedeutung wir beidem zumessen“, sagt die 52-Jährige, die halbtags im Büro eines Bauträgers arbeitet. Die Trägerschaft der Kindertagesstätte hat die Ortsgemeinde erst kürzlich von der evangelischen Kirche übernommen; Trudy Hennig ist somit „Chefin“ der Erzieherinnen und für die Einrichtung verantwortlich. Wie bedeutsam eine Kita für ein Dorf ist, weiß Hennig natürlich – „für junge Familien ist das enorm wichtig.“ Auch in Sachen Friedhof sieht die künftige Ortsbürgermeisterin Handlungsbedarf. Es gebe eine Nachfrage nach anonymen oder halbanonymen Bestattungen, dem müsse man nachkommen, sagt sie. Und die Friedhofssatzung will sie ändern – dahingehend, dass es künftig legal sein soll, an Urnengräbern Kerzen oder Blumenschmuck abzulegen. „Bislang wird das geduldet“, sagt sie, „Aber es muss doch erlaubt sein, dass jemand, der das Grab besucht, einen kleinen Gruß dort hinterlassen kann.“ Das ist eins der „kleinen Dinge“, die sie für „ihre“ Bürger möglich machen will.

Im Rat will sie konstruktiv mit allen Mitgliedern zusammenarbeiten, eine Koalition will sie mit ihren BfD nicht eingehen. „Eine Koalition würde die anderen schon wieder ausgrenzen, das will ich nicht“, erklärt sie. „Ich habe keine Angst vor anderen Meinungen, sondern kann mit ihnen umgehen.“

Allgemeine Zeitung, 08.08.2019