Mittwoch, 27. Februar 2019

Jeder hat eine Leiche im Keller

Von Anette Bodderas-Schwarz

„... und ich will nicht gnädig sein“: Krimi-Autor Wolfgang Wirth liest in Dalheim aus seinem neuen Buch. Dann berichtet Peter Kolb über aktuelle Erkenntnisse aus der Ortshistorie.

Autor Wolfgang Wirth machte in Dalheim neugierig auf sein drittes Buch „... und ich will nicht gnädig sein!“ Foto: hbz/Michael Bahr
DALHEIM - Gerne folgte der Kriminalbuchautor Wolfgang Wirth der Einladung nach Dalheim in das Gemeindezentrum. Der Verein „Bürger für Dalheim e.V.“ (BfD) hatte ihn gebeten, aus seinem dritten Kriminalroman „… und ich will nicht gnädig sein“ zu lesen. Der 1967 geborene, in Oppenheim lebende Autor hatte mehr als 20 Jahre in Dalheim gelebt und bereits 2014 seinen ersten Krimi „Look back“ vorgestellt.

Sein neues Werk handelt vom 30-jährigen Nick, der seit mehr als elf Jahren in der Türkei in einem Gefängnis sitzt. Er soll während eines Abenteuerurlaubs mit Freunden nach dem Abi eine junge Türkin getötet haben. Täglich fragt er sich, ob er schuldig ist, da er sich an die Tat selbst nicht mehr erinnern kann. Und er fragt sich auch, warum seine Freunde ihn damals im Stich gelassen haben. Trotz seiner christlichen Erziehung kommen ihm durch schlimme Erlebnisse im Gefängnis Rachegedanken. Mithilfe des Amerikaners Joe und eines Zigeunerjungen namens Mateo gelingt ihm die Flucht aus dem Gefängnis und zurück ins Rhein-Main-Gebiet. Getrieben von seinen Rachegedanken sucht er die Personen, die elf Jahre zuvor die Reise mit ihm gemeinsam angetreten hatten, dann aber ohne ihn wieder zurück in die Heimat gefahren waren.

So viel sei gesagt: Alle haben mindestens eine Leiche im Keller. Wolfgang Wirth greift in seinem Thriller auf aktuelle Themen zurück. Ob Missbrauch in der katholischen Kirche, Zwangsprostitution, Missachtung der Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei, Schönheitswahn, Betrug – all dies und noch viel mehr kommt in dem überaus spannenden Roman vor. Nachdem der Autor seine Lesung beendet hatte, konnten die Besucher noch Fragen an Wolfgang Wirth richten. Diese beantwortete er auch alle, bis auf die Frage einer Zuhörerin, die da lautete: „Wie ist das Ende des Buches?“ – die beantwortete Wirth nur mit einem wissenden Lächeln.

Nach einer kurzen Pause kündigte die erste Vorsitzende des BfD, Trudy Hennig, Peter Kolb an, der ein Ergänzungsband zum Buch „1250 Jahre Dalheim – Ein Ortsporträt in Text und Bild“ verfasst hat und dieses vorstellte. „Nachdem wir das Buch 2017 veröffentlicht hatten, kamen viele Menschen auf und zu und sagten, dass auch sie noch Material hätten, was zur Geschichte Dalheims gehörte“, erklärte Peter Kolb. Wieder wurde Material zusammengetragen und in diversen Archiven recherchiert. Besonders stolz zeigte sich Peter Kolb, dass es nun belegen konnte, dass Dalheim bereits vor 4500 Jahren besiedelt war. Auch konnte er von Schicksalen einzelner Dalheimer berichten. Hier sei unter anderem der Soldat Kasper Buttenbender zu nennen, der mit 19 Jahren in Napoleons Armee gesteckt wurde und nach zwölf Jahren so schwer gekennzeichnet zurückkam, dass sogar seine Eltern ihn nicht mehr erkannten. Oder das Schicksal des Dalheimer Juden Albert Koch, der sich „Im Würgegriff der nationalsozialistischen Rassengesetze“ befand. Am Ende spannt Peter Kolb dann gekonnt den Bogen zu Wolfgang Wirth, in dem er auf den „Mord im Ort“, der sich 1861 in Dalheim zutrug, verwies, der in seinem Buch Erwähnung findet.

Quelle: https://www.allgemeine-zeitung.de/lokales/oppenheim/vg-rhein-selz/dalheim/jeder-hat-eine-leiche-im-keller_19968079